[Forum] Sammlung von Dokumenten zur Geschichte von Apotheken mit dem Wort „Mohr“ im Namen

Dominik Merdes dominik.merdes at tu-bs.de
Sa Dez 19 13:34:41 CET 2020


Liebe Kolleg_innen,

die Debatte um Apotheken mit dem Wort "Mohr" im Namen ist in diesem Jahr 
erneut entflammt. Nicht zuletzt, da der Pharmaziegeschichte in dieser 
Auseinandersetzung eine gewichtige Rolle zukommt, möchten wir die 
Geschichte dieser Apothekennamen an der Abteilung für Geschichte der 
Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Pharmaziegeschichte der TU 
Braunschweig erforschen. In diesem Zusammenhang ist der unten stehende 
Aufruf zur Sammlung von Dokumenten zu diesen Apotheken entstanden.

Wir freuen uns über Hinweise!

Beste Grüße,

Dominik Merdes


*Sammlung von **Dokumenten**zu**r Geschichte von**Apotheken **mit dem 
Wort „Mohr“ im N**amen **und anderen Apothekennamen mit Afrikabezug*

Im Zuge der Black Lives Matter-Bewegung wurde das Problem des 
strukturellenRassismus in den letzten Monaten zumGegenstand öffentlicher 
Diskussionen. In diesem Zusammenhang wurden Apotheken, die die 
Bezeichnung „Mohr“ im Namen tragen, verstärktmitseit mehreren Jahren im 
Raum stehenden Forderungen nach deren Umbenennung konfrontiert.^1 
<#sdfootnote1sym> Während die Befürworter_innen einer Umbenennungauf die 
abwertende Bedeutungdes M-Worts und damit verbundene Erfahrungen der 
Diskriminierunghinweisen, suchendie Inhaber_innen betroffener Apotheken 
und Standesvertreter_innen eine Umbenennung durch Verweise auf 
dieursprüngliche Bedeutung des Begriffsabzuwenden. Meist wird 
argumentiert, dass sich das Wort„Mohr“ vom lateinischen Wort „maurus“ 
ableitet, das mit „mauretanisch“ oder „afrikanisch“ übersetzt wird. 
Hieraus wird gefolgert, dass der Name eine Ehrung der Mauren zum 
Ausdruck bringt, indem er diese als 
ÜbermittlerpharmazeutischenWissenswürdigt.

Vom Blickwinkel der Pharmaziegeschichte aus gesehenist diese 
Interpretationjedoch fraglich.^2 <#sdfootnote2sym> Bezüglich der ersten 
überliefertenM-Apotheken, die im 16. Jahrhundert entstanden sind,wird 
unter anderen auchdiskutiert, ob sich der Name von Hausnamen,vom 
Heiligen Mauritius oder von den Heiligen Drei Königen ableitet.Betont 
wirdjedoch in der Regel, dass die Beweggründe der Apothekengründersehr 
ungewiss sind. Hinsichtlich spätererJahrhundertewird dieNamensgebungin 
den Zusammenhang des Exotismus gestellt. Für das18. Jahrhundert wird 
beispielsweise der Status von „Kammermohr_innen“,meist 
versklavteMenschen, die unter Wohlhabenden als Prestigeobjektegehandelt 
wurden, als Beweggrundin Betracht gezogen.

Die Mitarbeiter_innen der /Abteilun//g //für Geschichte //der 
Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Pharmaziegeschichte/an der /TU 
Braunschweig/sind daran interessiert, zur Versachlichung der Debatte 
beizutragen. Zu diesem Zweck möchten wir graue Literatur, 
beispielsweiseBroschüren und Gelegenheitsschriften, aber 
auchZeitungsartikel, Auszüge aus Chroniken etc.sammeln.Um einen 
apothekenspezifischen Zugang zu erarbeiten, gilt unser Interesse neben 
den M-ApothekenweiterenApothekennamen mit Bezug zu 
Afrikawie„Elefanten-Apotheke“, „Löwen-Apotheke“oder „Straußen-Apotheke“. 
Zumeinensoll dies der Kontextualisierung der M-Apotheken dienen, zum 
anderenkönnendiese Namenfür postkoloniale Leseweisen von Bedeutung sein, 
die in der Pharmaziegeschichte bislang wenig Berücksichtigung fanden. Je 
nach Zuspruch werden wir zu einem späteren Zeitpunkt erwägen,das 
gesammelte Material öffentlich zugänglich zu machen.

Falls Sie an der Aufarbeitung der Geschichte dieser Apotheken 
mitwirkenmöchten, freuen wir uns über Hinweise und über die Zusendung 
vonBroschüren, Festschriften, Zeitungsartikelnund anderemMaterial (gerne 
auchin Kopie), das zur Historisierung der infragestehenden 
Apothekennamen beitragen kann.Ihre Dokumente können Sie uns auf 
postalischem Wege oder per E-Mail zukommen lassen.


Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften mit Schwerpunkt 
Pharmaziegeschichte

TU Braunschweig

Beethovenstr. 55

38106 Braunschweig

*apothekennamen at posteo.net*


1 <#sdfootnote1anc>Wir folgen hierdem u. a. von Selbstorganisationen 
Schwarzer Menschen gemachten Vorschlag, diese Apothekenmit „M-Apotheken“ 
zu bezeichnen. Dies hat den praktischen Nebeneffekt, dass auf diese 
Weise auch verschiedene Apothekennamen wie „Mohren-Apotheke“ oder 
„Apotheke zum schwarzen Mohren“ unter einem Begriff zusammengefasst 
werden können. Zur Geschichte des M-Worts siehe Arndt, Susan. (2018). 
„Mohr/Mohrin“, in: Dies.; Hornscheidt, Antje (Hg.). Afrika und die 
deutsche Sprache, Münster: Unrast.

2 <#sdfootnote2anc>Vgl. Bräunlein, Peter J. (1991). Magier, Märtyrer, 
Markenzeichen. Tucherbräu und Mohren-Apotheken, in: Lorbeer, Marie; 
Wild, Beate (Hg.): Menschenfresser – Negerküsse. Das Bild vom Fremden im 
deutschen Alltag, Berlin: Elefanten Press; Hagen, Monika.(1969). „Die 
deutschen Apothekennamen. Topographie, Typologie und Benennungsmotivik“, 
Deutsche Apotheker-Zeitung, Vol. 109, S. 1655–1665u. Krause, Konrad. 
(1938). „Die Namen der deutschen Apotheken“, Deutsche Apotheker-Zeitung, 
Vol. 53, S. 641–645.


-- 
Dr. Dominik Merdes
Abteilung für Geschichte der Naturwissenschaften mit Schwerpunkt Pharmaziegeschichte
TU Braunschweig
Beethovenstr. 55
38106 Braunschweig

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