[GWMT Forum] CfP Driburger Kreis 2025
Klein, Gina Maria
gina_maria.klein at uni-bielefeld.de
Mo Mai 5 13:14:21 CEST 2025
Call for Paper: Driburger Kreis 2025
Jagen & Sammeln
Der Driburger Kreis trifft sich von Dienstag, 23. September bis Mittwoch, 24. September 2025 im Vorfeld der Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik e.V. (GWMT). Er richtet sich explizit an Wissenschaftler:innen, die am Anfang ihrer akademischen Karriere in den Forschungsfeldern der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte und angrenzender Disziplinen stehen (Studierende, Promovierende, Post-Docs, Habilitierende). Leiten Sie diesen Call for Paper also gerne an Early Career Researcher in Ihrem Umfeld weiter.
Der Driburger Kreis versteht sich als informelles Forum, in dem Probleme, Schritte und Ergebnisse eigener Arbeiten vorgestellt werden können. Das jährliche Rahmenthema soll Anreiz bieten, verschiedene Arbeiten unter einem gemeinsamen Gesichtspunkt zu diskutieren. Projektvorstellungen jenseits des Rahmenthemas sind ebenfalls ausdrücklich erwünscht.
Das diesjährige Rahmenthema lautet:
Jagen & Sammeln – Vom Coelodonta antiquitatis bis zum Computer
Das Thema des diesjährigen Driburger Kreises spannt einen weiten Bogen: Vom Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis), das im Mittel- und Jungpleistozän gejagt und in Höhlenmalereien verewigt wurde, bis hin zum digitalen Sammeln von gewaltigen Datenmengen. Und dann sind da die Forschenden selbst, die Wissen jagen und sammeln. Es handelt sich also um zwei Tätigkeiten, die sich durch die Menschheitsgeschichte ziehen – und sich zugleich als Idiom verselbstständigt haben.
Als zentrale Maßnahmen des Nahrungsgewinns begleiten uns Jagen und Sammeln seit der Vorzeit. Über die Jahrhunderte haben sie sich tief in die menschliche Kultur integriert und sind somit aus wissenschafts-, medizin- und technikhistorischer Perspektive in zahlreichen Facetten anzutreffen, sei es als technologische Entwicklungsgeschichte des Werkzeuges, vom Speer zur maschinellen Fleischverarbeitung, oder deren kulturelle Implikationen und Konfliktpunkte, etwa in historischen oder modernen Debatten zum Vegetarismus. Zugleich erweitern beide Tätigkeiten das Blickfeld auf Freizeitaktivitäten, dem Jagen als Statussymbol, dem Sammeln von Steinen, Käfern oder Briefmarken als frühe Charakterbildung oder lebenslanges Hobby.
Darüber hinaus hat das Idiom „Jagen und Sammeln“ im Laufe der Zeit weitere Bedeutungen gewonnen, die auf tiefergreifende (wissens)kulturelle Konzepte verweisen. Im Kontext kultureller Bedeutungserweiterung entwickelte sich eine dichotomische Nutzung des Begriffspaares, die häufig mit distinkten Konnotationen abseits der eigentlichen Tätigkeit einhergehen. So wird das Idiom nicht nur benutzt, um eine Kulturform der Überlebensssicherung zu beschreiben, sondern birgt beispielsweise auch eine geschlechterkulturelle Facette: Jagen wird häufig mit maskulinen Eigenschaften konnotiert, während Sammeln als vermeintlich natürliche Tätigkeit der Frauen dargestellt wird. Häufig mit einem Verweis auf konstruierte Urinstinkte oder sich in der Vorzeit begründenden Überlebensstrategien, erlangte das Idiom so historisch weitere Dimensionen, die einen kritischen Blick im Kontext des Wissensgewinns lohnen. Entsprechend stellt sich etwa die Frage, wie diese Konzepte von der Wissenschaft beflügelt, infragegestellt oder genutzt wurden.
Überhaupt lässt sich der Wissensgewinn selbst im Licht des Jagens und Sammelns betrachten und damit die kritische Frage stellen, wie Forschende sich direkt oder indirekt zu ihren Forschungsgegenständen und im Kontext des wissenschaftlichen Diskurses definieren. Das Sammeln von Informationen zählt zu den Grundlagen des Wissensgewinns, während sich Wissenschaftler*innen deutlich seltener als Jäger*innen sehen. Dabei zeigt eine kritische Betrachtung vieler Sammlungen des 19. Jahrhunderts, dass das Jagen, sei es nach exotischen Tieren zur Präparation, altertümlichen Artefakten oder menschlichen Überresten, ein signifikanter Teil der Forschung war. Gerade in diesem Kontext ist die Frage nach dem Sammeln als dem vermeintlich friedlichen Gegenstück zum Jagen für die Wissenschaftsgeschichte ein zentraler Aspekt vieler aktueller wissenschaftlicher und öffentlicher Debatten. Was aber bedeutet das für die historische Entwicklung der Wissenschaften, Medizin und Technik, wenn man gezielt solche etablierten Idiome wie „Jagen und Sammeln“ als Ideale betrachtet, verbunden mit tiefergreifenden Vorstellungen von der Rolle der Wissenschaftler*innen?
Das Rahmenthema lädt dazu ein, die vielfältigen Aspekte des Jagens und Sammelns sowohl auf einer Handlungs- und kulturellen, als auch auf einer metareflektierenden Ebene zu ergründen.
Mögliche Themen und Fragestellungen sind:
– Kulturelle, epistemische und technologische Entwicklungen des Jagens und Sammelns, zum Beispiel Essgewohnheiten, rituelle Jagdpraktiken oder Trophäen
– Jagen und Sammeln als Freizeitbeschäftigungen
– Entwicklung von (wissenschaftlichen) Sammlungen
– Sammeln im Zeitalter von Big Data und Digitalisierung
– Bedeutungserweiterungen wie Geschlechterrollen oder Natur-Technologie-Verhältnisse
– Jagen und Sammeln in der Wissenschaft, Medizin und Technik
– Konzeptionelle Reflektionen zu Wissenspraktiken und Selbst- und Fremdbildern von Wissenschaftler*innen im Kontext des Jagens und Sammelns
Wie üblich sind auch Beiträge, die nichts mit dem Rahmenthema zu tun haben, willkommen.
Natalie Rath
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin
Abstracts von maximal 300 Wörtern, inklusive einem Kurzlebenslauf (zusammengefasst in einem Word-kompatiblen Dokument) sind bis zum 06. Juni 2025 an das Organisationsteam des Driburger Kreises (info at driburgerkreis.de<mailto:info at driburgerkreis.de>) zu senden. Für Vortrag und Diskussion sind insgesamt 30 Minuten (15 min Vortrag, 15 min Diskussion) angedacht, sodass es ausreichend Zeit für Feedback und Fragen gibt. Sollte es Fragen zum Thema oder allgemein zur Veranstaltung geben, wenden Sie sich gerne an das Organisationsteam (ebenfalls unter info at driburgerkreis.de<mailto:info at driburgerkreis.de>).
Guidelines und Hilfestellungen zum Schreiben von Abstracts, sowie weitere Informationen zum Vortragsformat sind hier<https://www.driburgerkreis.de/guidelines/> zu finden.
Im Namen des Organisationsteams des Driburger Kreises
Gina Maria Klein
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