[Forum] Werkstattgespräch „Lehre in der Wissenschaftsgeschichte“ - 12./13. März 2020, HU Berlin
Arne Schirrmacher
Arne.Schirrmacher at hu-berlin.de
Di Dez 17 11:11:19 CET 2019
*Werkstattgespräch „Lehre in der Wissenschaftsgeschichte“ 2020*
Humboldt-Universität zu Berlin, 12./13. März 2020
Das vom Fachverband Wissenschaftsgeschichte in Zusammenarbeit mit dem
Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte an der Humboldt-Universität
organisierte Werkstattgespräch knüpft nach einer mehrjährigen Pause an
die Tradition der Treffen zum Austausch über die Lehre in der
Wissenschaftsgeschichte an. Insbesondere hat sich seit dem letzten
größeren Treffen 2015 an der TU Berlin zusammen mit der
Technikgeschichte [1] und nach dem auf die Digital Humanities
fokussierte Treffen in Göttingen 2016 die Vertretung der
wissenschaftshistorischen Lehre im deutschsprachigen Raum deutlich
verändert und damit häufig auch ihre Themen und Formen in der Lehre.
Nach der jüngsten vielstimmigen Diskussion über die Zukunft der
Wissenschaftsgeschichte insbesondere auch im Spannungsfeld zu einer
Wissensgeschichte [2], stellt sich die Frage, welche Wirkung diese Phase
der Selbstvergewisserung des Faches auf die Lehre hat, haben sollte oder
auch nicht haben sollte.
So vielfältig, innovativ und in alle Richtungen Verbindungen knüpfend,
wie sich die wissenschaftshistorische Forschung in den letzten
Jahrzehnten entwickelt und Beachtung gefunden hat, so dringend stellt
sich die Frage nach dem disziplinären Kern des Faches, welcher sich in
erster Linie in der Lehre manifestiert. Sie definiert, was
Wissenschaftsgeschichte ist, indem sie den Nachwuchs ausbildet und
Gegenstandsbereiche, Methoden sowie Frage- und Anwendungshorizonte
umreißt. Das tut sie als eine historische Wissenschaft, die schon lange
nicht mehr nur naturwissenschaftliche Wissensproduktion betrachtet, und
als ein Fach, das Orientierungswissen vermittelt und das sowohl ein
besonderes historisch gewachsenes kritisches Potential wie eine eigene
Methodenkompetenz mitbringt, die es etwa von der Wissenschaftsforschung,
-philosophie, -soziologie oder auch der Kulturwissenschaft
unterscheidet. In einer Zeit der „alternativen Fakten“ ist die
Wissenschaftsgeschichte prädestiniert, die organisierten, systematischen
und kritisch reflektierenden Formen der Wissensproduktion als sozial
verankerte Praktiken in ihrer Entwicklungen klar aufzuzeigen. Daraus
ergeben sich vielfältige Aufgaben für die Lehre sowohl in eigenen
Studiengängen wie als Erweiterung von anderen natur-, geistes- und
sozialwissenschaftlichen Studienangeboten. Je nach Etablierung und
fachlichen Verankerung in der Geschichte, Philosophie oder
Naturwissenschaft haben die verschiedenen Professuren für
Wissenschaftsgeschichte im deutschen Sprachraum natürlich eigene
Lehrprofile. Die Tradition der Überblick gebenden Epochenvorlesungen ist
schon länger nicht mehr an allen Standorten üblich (oder stößt schnell
an Grenzen, will man etwa die Entwicklungen der Naturwissenschaften
parallel mit der von Human- oder Geisteswissenschaften darstellen) und
die geringe Größe des Instituts- oder Lehrstuhlpersonals bringt
unterschiedliche Schwerpunkte des Lehrangebots zwangsläufig mit sich.
Dennoch kann auch die Wissenschaftsgeschichte – und wer sollte das
besser wissen als sie – nur dann eine Disziplin sein und Lehre sinnvoll
durchführen, wenn sie einen Identitätskern behauptet, aus dem sich
Gegenstand, Methode und Anspruch ableiten.
Folgende Themenfelder haben sich bisher herauskristallisiert, die in
Präsentationen Diskussionen behandelt werden sollen.
(1) Gibt es einen Kern der wissenschaftshistorischen Lehre – inhaltlich
wie methodisch? Welche Erfahrungen wurden beispielsweise mit
Einführungskursen oder Grundvorlesungen gemacht? Welche Perspektiven der
Weiterentwicklung gibt es?
(2) In welchen Formen wird Wissenschaftsgeschichte in eigenen
Studiengängen oder innerhalb anderer Studiengänge gelehrt? Und wie kann
ohne eigene Studiengänge der Wert wissenschaftshistorischer
(Zusatz-)Qualifikation aufgezeigt werden?
(3) Welche Probleme/Chancen ergeben sich aus den unterschiedlichen
Einbindungen in historische, philosophische und naturwissenschaftliche
Institute in Bezug auf Lehre?
(4) Welche Formen der Lehre können für ein breites Interess(ent)enfeld
sinnvoll sein? Wie entwickelt sich überhaupt das Interesse der
Studierenden bzw. auf welche Weise gewinnt man diese für die
Wissenschaftsgeschichte? Gibt uns hierfür der international Vergleich
Anregungen? [3]
(5) Wie gehen wir mit der Spannung zwischen Wissenschafts- und
Wissensgeschichte um? Wie mit der Breite wissenschafts- und
wissenshistorischer Forschung im Kontrast mit dem notwendigerweise
begrenzen Umfang des Kurrikulums?
(6) Welche neuen Methoden und Formen der Lehre haben sich für die
Wissenschafts- und Wissensgeschichte als besonders geeignet
herausgestellt? (etwa: Co-Teaching, Forschungsorientierung, digital ...)
Vorschläge von Beiträgen, die entweder eine Präsentationen einer
Lehrveranstaltung oder ein (erprobten) Lehr-Konzepts vorstellen, sich
als ein Impuls-Beitrag für eine (Podiums-)Diskussion eignen und auch
konzeptionellen Überlegungen einbringen können oder welche innovative
Lehrformate zur Diskussion stellen, sind besonders erwünscht.
Selbstverständlich sind auch weitere Themen willkommen.
** Wir bitten hierfür bis zum 31. Januar 2020 um Vorschläge. **
Für die Vorschläge gibt es keine vorgeschriebene Form, sie sollten
möglichst konkret sein, können aber gern Alternativen der Präsentation
anregen, etwa neben der Form der Einzelpräsentation auch als
Impuls-Beitrag, als (Streit-)Gespräch mit einem Wunschpartner etc. Es
ist geplant zur Programmgestaltung den Beteiligten eine Online-Plattform
zur Verfügung zu stellen, auf der das endgültige Programm gemeinsam
entwickelt werden kann.
* Besonders erwünscht ist auch die Teilnahme des wissenschaftlichen
Nachwuchses, der häufig integrale Teile der Lehre übernimmt.
* Darüber hinaus können sich Absolventinnen und Absolventen mit BA oder
MA in Wissenschaftsgeschichte aus den letzten drei Jahren für einen
Workshop bewerben, auf dem sie gemeinsam Thesen zur Lehre aus der Sicht
der Studierenden erarbeiten und in die Diskussion einspeisen. Bewerbung
bitte mit einem kurzen CV und Motivationsschreiben.
Reise- und Unterkunftskosten können für Absolventen und Nachwuchs
übernommen werden, sowie für Vortragende, sofern sie dafür nicht auf
geeignete Mittel ihrer Institutionen zurückgreifen können.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung und freuen uns auf den
Austausch.
Arne Schirrmacher (Arne.Schirrmacher at hu-berlin.de)
Christina Brandt (christina.brandt at uni-jena.de)
*PDF-Version*
https://www.projekte.hu-berlin.de/de/histscicom/werkstattgespraech-lehre-2020
[1] Die Technikgeschichte plant zu einem späteren Zeitpunkt insbesondere
auch die neuen Impulse aus der Umweltgeschichte in einem eigenen
Workshop zu diskutieren. Das Werkstattgespräch 2015 ist teilweise
publiziert in: Marcus Popplow (Hg.): Technik- und
Wissenschaftsgeschichte in der universitären Lehre. Formate, Adressaten,
Konzepte, Karlsruhe 2019. https://www.ksp.kit.edu/9783731509028
[2] Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 4/2018 und 2-3/2019.
[3] Vgl. z. B.
https://www.uu.nl/masters/en/history-and-philosophy-science/courses
https://www.ucl.ac.uk/prospective-students/graduate/taught-degrees/history-philosophy-science-msc
https://www.graduate.study.cam.ac.uk/courses/directory/hphpmpstm
https://www.uu.se/en/admissions/master/selma/program/?pInr=IDEL&pKod=HHU2M
--
PD Dr. Arne Schirrmacher
Heisenberg Fellow (DFG)
Humboldt Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Unter den Linden 6 | 10099 Berlin
Office: Mohrenstraße 40/41, Raum 340
Tel. -49-30-2093-70528 oder -49-30-850121-09
http://www.geschichte.hu-berlin.de/bereiche-und-lehrstuehle/wissenschaftsgeschichte/
http://www.projekte.hu-berlin.de/de/histscicom/interaktivitaet
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