[Forum] NTM

Dieter Hoffmann dh at mpiwg-berlin.mpg.de
Mi Sep 16 22:46:40 CEST 2020


Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Christine
ein bedenkenswerter und praktischer vorschlag, den ich sehr unterstütze.

Ich möchte die gelegenheit nutzen, um den untenstehenden brief an den vorstand vom april  dieses jahres auch in dieser runde zur kenntnis zu bringen, der ein plädoyer dafür ist:
1) An einer druckfassung festzuhalten (zumal wir vor nicht allzu ferner zeit mal eine relativ hohe beitragserhöhung damit legitimiert haben, die NTM zum gedruckten organ der gesellschaft zu machen.
2) Sorgfältig zwischen dem kommerziellen verlagsinteressen und unseren wissenschaftlichen interessen zu unterscheiden.
3) Sich daran zu erinnern, dass die gesellschaft sich bisher auch immer als mediator zwischen den „professionellen“ wissenschaftshistorikern und den hobby-historikern bzw. den wissenschaftshistorisch interessierten fachwissenschaftlern verstanden hat, was zunehmend zugunsten einer weiteren „Professionalisierung“ der Gesellschaft “unter den Tisch“ zu fallen scheint (die modalitäten des DEAL sind nur ein beleg dafür). Dies verändert nicht nur den charakter der gesellschaft, sondern könnte auch gravierende konsquenzen für den mitgliederbestand und damit ökonomische folgen haben. 
4) Ich bin strikt dagegen, die redaktionsarbeit der NTM durch mitgliedsbeiträge zu finanzieren und schließe mich außerdem der argumentation von Moritz an!!

Herzlichst Dieter Hoffmann!

Mail vom 13.4.2020 an GWT:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

wenn ich mir empfohlenes durchlese, sicher nicht in der gebotenen Sorgfalt, weil mir doch vieles mehr oder weniger unverständlich und undurchsichtig ist, komme ich zu dem Schluss, dass die Gesellschaft mit dem antizipierten Weg doch einen sehr gefährlichen Pfad beschreitet, der zuungunsten eines großen Teils der Mitglieder geht und zur Entfremdung vieler Mitglieder, ja vielleicht zu deren Austritt führen könnte. Letzteres betrifft vor allem ältere Kollegen und solche die Ihre wissenschaftshistorischen Interessen als Hobby bzw. im Nebenamt betreiben. Die Brücke auch zu den wissenschaftshistorisch Interessierten in den Fachdisziplinen zu schlagen, war bisher eines der Standbeine der Gesellschaft – wenn dies nicht mehr gewollt ist und einseitig eine weitere Professionalisierung des Fachs und der Gesellschaft favorisiert wird (wie ich sie im letzten Jahrzehnt zu beobachten meine), so bedeutet das eine faktische Teilamputation unserer Gesellschaft.

Mit dem Springer-Deal wird es wahrscheinlich ja nun auch definitiv kein Mitteilungsblatt mehr im früheren Sinne geben, was ich heute schon bedauerlich finde. Die NTM wird das nicht ersetzen können – wenn ich die letzten Hefte Revue passiere, so habe ich dort für mich wenig interessantes/relevantes und lesbares gefunden und das geht nicht nur mir so, und der Verzicht auf das Mitteilungsblatt wird so umso schmerzlicher!

Überhaupt sagt mir mein Bauchgefühl, dass hier (wie auch sonst im täglichen Leben) eigentlich mehr die (ökonomischen!)Interessen der Verlage bedient werden und diese mit den Geldangeboten uns (wie im bekannten Hase-Igel-Märchen) vor sich hertreiben, genau in die Ecke, wo man uns haben will – in eine möglichst profitable. Wohin solche globale, neoliberale Strategie führen kann, macht uns die aktuelle Corona-Krise deutlich: Profit- bzw. Erkenntnis-Maximierung darf nicht zum alles Bestimmenden werden!

Ich werde also strikt gegen die ausgebreiteten Pläne auftreten und dagegen stimmen. Auch finde ich es bedenklich, einer so kleinen Gesellschaft wie der unseren, mit den Kosten einer teuren Mitgliederzeitschrift zu belasten. Das können sich sicher die stickreichen Naturwissenschaftler leisten, die mit ihren Zeitschriften zudem eine Menge Geld verdienen, vielleicht auch noch eine mitgliederstarke Gesellschaft wie die HSS (sie übertrifft uns um fast eine Größenordnung!), aber doch nicht wir Zwerge – das kann alles nur in Kooperation erfolgen und nicht allein auf unseren schwachen Schultern lasten und uns so unflexibel machen!

In diesem Sinne bin ich auch strikt gegen die Professionalisierung und „angemessene Ausstattung der Redaktion“ – die ist löbliches Wunschdenken, wofür es aber keine solide ökonomischen Basis gibt!. Selbst bei den meisten naturwissenschaftlichen Zeitschriften erfolgt die Herausgeber- und Gutachtertätigkeit ehrenamtlich und ich glaube nicht, dass wir hier als Pygmäen eine Vorreiterrolle einnehmen sollten – die Redaktion sollte schlicht von den Verlagen professionell besorgt werden!

 Das wäre es, was aus meiner Sicht in erster Näherung in die aktuelle Debatte einzubringen wäre – sicher ist manches etwas subjektiv, doch auf jeden Fall sollte es zum Nachdenken und Diskutieren Anlass geben.

Herzlichst Dieter Hoffmann!

Prof. Dr. Dieter Hoffmann
Max Planck Institute for the History of Science
Boltzmannstr. 22
D-14195 Berlin
Fon: (+4930)22667-103, Fax: (+4930)22667-299
privat: (+493375)200882
e-mail: dh at mpiwg-berlin.mpg.de
www.mpiwg-berlin.mpg.de/staff/dh

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