[Forum] Erklärung von Wissenschaftsverbänden zur Prekarität wissenschaftlicher Laufbahnen und #ichbinhanna

David Freis david.freis at uni-muenster.de
Fr Jul 2 11:59:36 CEST 2021


Liebe Kolleg*innen,

die #IchBinHanna-Kampagne erhält weiterhin beträchtliche Aufmerksamkeit in
Wissenschaft, Politik und Medien. Mehrere Wissenschaftsverbände haben nun
die folgende Erklärung verabschiedet, die auch von der GWMT unterstützt
wird:

Mit besten Grüßen,
David Freis

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*Erklärung von Wissenschaftsverbänden zur Prekarität wissenschaftlicher
Laufbahnen und #ichbinhannaWissenschaftszeitvertragsgesetz abschaffen –
Grundfinanzierung der Universitäten stärken*

29. Juni 2021

Sehr geehrte Frau Ministerin Karliczek,

dank der Initiative #ichbinhanna hat der – schon lange schwelende und
vielfach artikulierte – Protest gegen die massiv prekären
Beschäftigungsbedingungen von Wissenschaftler_innen an deutschen
Universitäten, Hochschulen und Akademien neuen Auftrieb bekommen. Ihre
Stellungnahmen in der Debatte im Deutschen Bundestag zu diesem Thema am
24.06.2021 und die Erläuterungen von Staatssekretär Wolf-Dieter Lukas vom
13.06.2021 ignorieren die fundierte Kritik von Wissenschafts-verbänden,
Wissenschaftsorganisationen sowie der konkret betroffenen
Wissenschaftler_innen an einer Wissenschaftspolitik, die Promovierende und
Postdocs Jahrzehnte in prekären Beschäftigungsverhältnissen hält, sich
dabei aber massiv auf ihre Leistungen zur Aufrechterhaltung von Forschung
und Lehre stützt, und die die Nachhaltigkeit von grundständig finanzierten,
für exzellente Forschung und Lehre tragfähige Strukturen verhindert.
Exemplarisch verweisen wir auf die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft
der Soziologie von Mai 2020 und das Diskussionspapier des Verbandes
Deutscher Kunsthistoriker e. V. von Januar 2021 zu diesem Thema.

Der Anteil befristet beschäftigter Wissenschaftler_innen an Universitäten
und außeruniversitären Forschungseinrichtungen hat in den letzten zehn
Jahren immer weiter zugenommen, er beträgt derzeit deutlich über 85
Prozent. Prekär zu arbeiten ist der Normalfall an deutschen Universitäten
und Hochschulen. Die Gründe hierfür sind komplex und die
Verantwortlichkeiten verteilt. Es gibt deshalb auch nicht den einen
Lösungsweg zur Verbesserung der Situation. Eine wesentliche Verbesserung
wäre jedoch schon erreicht, wenn das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, die
sogenannte „12-Jahres Regel“, außer Kraft gesetzt wird, die für eine
langfristige Beschäftigung auf Haushaltsstellen oder durch universitäre
Sondermittel wie ein Berufsverbot wirken kann. Wir fordern deshalb als
einen ersten Schritt die kritische und vollständige Evaluation der Wirkung
und Folgen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Dabei muss zwischen der
Promotions- und der PostDoc-Phase differenziert werden. Insbesondere nach
der Promotion müssen hinreichend entfristete Beschäftigungsverhältnisse an
den Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ermöglicht
werden, sodass Forschung, Lehre und die eigene Karriere planbar(er) werden.
Dies geht nur durch eine deutliche Verbesserung der grundständigen
Finanzierung der Universitäten und Hochschulen.

Die Diskussion muss auf allen Ebenen – konkret: zwischen Ministerium,
Fachverbänden und Akteuren der Hochschulpolitik sowie auf Länderebene –
fortgesetzt werden. Sehr vielen geisteswissenschaftlichen Verbänden ist
dies ein zentrales Anliegen. Der VHD hat einen Resolutionsentwurf mit dem
Titel „Die Berufswege promovierter Historikerinnen und Historiker in der
Wissenschaft besser gestalten“ ausgearbeitet, der auf dem Historikertag in
München Anfang Oktober 2021 diskutiert wird.

Wir rufen die Verantwortlichen auf, den notwendigen Reformprozess und
Systemwandel zusammen mit den Fachverbänden einzuleiten.

*Initiatorinnen*

· Deutsche Gesellschaft für Amerikastudien (DGfA), Präsidentin Prof. Dr.
Ruth Mayer
· Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e. V. (VHD),
Vorsitzende Prof. Dr. Eva Schlotheuber
· Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS), Vorsitzende Prof. Dr.
Paula-Irene Villa Braslavsky

*Erstunterzeichnende*

· Deutsche Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft
(DGPuK)
· Verband Deutscher Kunsthistoriker e. V.

*Folgende Verbände haben sich der Erklärung angeschlossen*

·   Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM)
·  Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW)
·   Deutsche Vereinigung für Religionswissenschaft e. V. (DVRW)
·   Deutsche Gesellschaft für Medizinische Soziologie (DGMS)
·   Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, Medizin und Technik
(GWMT)
·   Deutsche Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie e. V. (DGSKA)
·  Deutsche Gesellschaft für Volkskunde e. V. (dgv)

-- 
Dr. David Freis
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Von-Esmarch-Straße 62
D-48149 Münster

Mail: david.freis at uni-muenster.de
Tel.: +49-251-83-55293
Fax.:+49-251-83-55339
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