[Forum] CfP Driburger Kreis 2023
Paulina S. Gennermann
pgennermann at uni-bielefeld.de
Mo Mär 6 18:54:13 CET 2023
_*Call for Papers Driburger Kreis 2023 *_
Der Driburger Kreis trifft sich vom Montag, 11. September bis Mittwoch,
13. September 2022 in Person in Ingolstadt im Vorfeld der Jahrestagung
der Gesellschaft für Wissenschaften, Medizin und Technik (GWMT). Er
richtet sich explizit an Wissenschaftler:innen, die am Anfang ihrer
akademischen Karriere (Studierende, Promovierende, Post-Docs,
Habilitanden) in den Forschungsfeldern der Wissenschafts-, Medizin- und
Technikgeschichte und angrenzender Disziplinen stehen. Der Driburger
Kreis versteht sich als informelles Forum, in dem Probleme, Schritte und
Ergebnisse eigener Arbeiten vorgestellt und in einer konstruktiven
Atmosphäre diskutiert werden können. Das jährliche Rahmenthema soll
Anreiz bieten, verschiedene Arbeiten unter einem gemeinsamen
Gesichtspunkt zu diskutieren. Projektvorstellungen jenseits des
Rahmenthemas sind aber ebenfalls ausdrücklich erwünscht. Weitere
Informationen zum Driburger Kreis sowie Hinweise zum Vortragsformat und
Programm finden sich auf https://www.driburgerkreis.de
Im Vorfeld des Driburger Kreises wird es auch dieses Jahr am Montag
Nachmittag einen Workshop geben. Weitere Informationen dazu finden sich
zeitnah ebenfalls auf der Website des Driburger Kreises. Alle
Informationen zu den Aktivitäten des Driburger Kreises gibt es auch per
Newsletter (Anmeldung auf unserer Website).
Das diesjährige Rahmenthema lautet:
*Zu spät – Eine kritische Betrachtung von Zeitlichkeit und Wertung*
Zeit ist der definierende Faktor jeder historischen Betrachtung, obwohl
er selten als solcher benannt wird. In den letzten Jahren haben neue
temporale Konzepte wie das Anthropozän sowie die kritische Betrachtung
regionaler Epochenbegriffe im globalen Kontext neue Perspektiven auf
diesen Aspekt eröffnet. Während die Rolle des Menschen in größeren
zeitlichen Dimensionen gedacht wird, hinterfragen Forscher*innen auch
kritisch, inwiefern Konzepte wie "Das Mittelalter" und die Anwendung
damit tradierten Vorstellungen auf andere Kulturkreise angemessen sind.
Zeit, so steht inzwischen fest, ist auch ein wertender Faktor, dessen
sich Historiker*innen bewusst sein müssen.
Zugleich spielt Zeit auch in kleinsten Mengen für die Geschichte und
nicht zuletzt für die Wissenschaften, Medizin und Technik eine
entscheidende Rolle. Prioritätenstreitigkeiten und Erfindungswettbewerbe
zeigen, dass der Anspruch, etwas zuerst entdeckt oder erfunden zu haben,
nicht nur momentanes Ansehen, sondern auch historischen Ruhm und
Einfluss bedeuten kann. Die Verlierer*innen haben dabei häufig das
Nachsehen. Zu spät im Rennen um Anerkennung, verschwinden sie in den
Fußnoten der Geschichte und ihre Ansätze verblassen angesichts der
vermeintlich einzigen Lösung der Ersten.
Wissenschaftshistoriker*innen haben unlängst den Blick der Forschung auf
die Peripherie, das Nicht-Elitäre, die „Workingclass of Knowledge
Production“ gerichtet und dabei gezeigt, dass diese nicht nur
essenzielle Bausteine der Wissensgebäude sind, deren Fassade die
Wissenschaftsgeschichte bislang bevorzugt beleuchtet hat. Sie haben
damit zugleich ein kritisches Licht auf wissenschaftshistorische
Praktiken und Methoden geworfen.
In diesem Sinne beschäftigt sich der Driburger Kreis in diesem Jahr
mit der Marginalisierung der zeitlich Nachkommenden unter dem Titel „Zu
Spät“. Gemeint ist hier im weitesten Sinne die negative Wertung von
Zeitlichkeit, beispielsweise in Fallstudien, in denen spezifische
Errungenschaften, eine Person(engruppen) oder Ereignisse hinter einem
anderem zurückstehen musste und zeitgenössisch oder rückwirkend dadurch
abgewertet wurde. Naheliegende Fälle wie Prioritätsstreitigkeiten sind
ebenso willkommen wie kritische Betrachtungen von westlichen
Überlegenheitsnarrativen, etwa wenn es um die „Erstentdeckung“
nicht-europäischer Teile der Welt geht.
Mögliche Perspektiven, aus denen man sich dem Thema nähern könnte:
- Prioritätsstreitigkeiten und Hoheitsansprüche auf Grund von
zeitlichem Zuvorkommen
- Forcierung von Linearität und einem Fokus auf eine
Schlüsselperson/ein Schlüsselereignis als zentralem Aspekt in
wissenschaftshistorischen Narrativen
- Die Wahrnehmung von Zeitlichkeit und Druck bei Wissenschaftler*innen
- Entdeckungen und Errungenschaften, die weniger oder keine
Beachtung fanden, da sie hinter einem als wichtiges wahrgenommenes
Ereignis zurückstehen mussten
- Eine kritische Betrachtung des Konzepts „zu spät“ anhand
wissenschaftshistorischer Beispiele
- Reflexionen zu Zeitlichkeit und verwandten Konzepten wie Eile,
Hast, Zügigkeit im wissenschaftshistorischen Kontext
- Fälle, in denen der zeitliche Wettbewerbsfaktor gezielt
ignoriert, ausgehebelt oder kritisiert wurde
Das Tagungsthema ist explizit weit gefasst und zielt darauf ab,
verschiedenste Aspekte und Perspektiven der Geschichte der
Naturwissenschaften, Medizin und Technik unter „zu spät“ bewusst mit
einer kritischen Betrachtung von Zeitlichkeit zu konfrontieren.
von Alexander Stöger (Universität Leiden)
Abstracts von einer Seite für ca. 15-minütige Vorträge nebst
Kurzlebenslauf (zusammengefasst in einem Word-kompatiblen Dokument)
werden erbeten bis zum _*15. Mai 2022 *_an info at driburgerkreis.de.
Weitere Informationen zu Abstracts und dem Format des Driburger Kreises
finden sich auf https://driburgerkreis.de/guidelines.
Für Beitrag und Diskussion sind insgesamt 30 Minuten angedacht. Fragen
zum Thema oder der Veranstaltung können gerne an das Organisationsteam
gerichtet werden (ebenfalls unter info at driburgerkreis.de).
--
Dr. Paulina S. Gennermann
Bielefeld University
Department of History - History and Theory of Medicine (Prof.'in Lara Keuck)
POB 100131, 33501 Bielefeld
Tel.: +49 521 106 3212
Mail:pgennermann at uni-bielefeld.de
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